Götz W. Werner (* 5. Februar
1944 in Heidelberg)
ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von »dm-drogerie markt« mit
der Firmenzentrale in Karlsruhe, Professor der Universität Karlsruhe, Aufsichtsratmitglied
der GLS Gemeinschaftsbank und Vorsitzender der
Initiative »Unternimm die Zukunft«.
Götz W. Werner besuchte vor der Mittleren
Reife eine Handelsschule in Konstanz am Bodensee, wo er
von 1961 bis '64 eine Drogistenlehre machte. Dort wurde er in seiner Freizeit
auch zu einem begeisterten Ruderer. Sein energisch betriebenes Hobby führte schließlich 1963 zum Titel
"Deutscher Meister" im Doppelzweier. Danach erwarb er sich eine
gründliche Berufspraxis in verschiedenen Handelsunternehmen. Schließlich trat
er 1968 in das
elterliche Drogeriegeschäft in Heidelberg ein. Nachdem aber das
Familienunternehmen Insolvenz anmelden musste, wechselte er zur Karlsruher
Großdrogerie Idro der Firma "Carl
Roth". Nach der Reorganisation des Vertriebs schlug er der
Geschäftsführung auch die Einführung des Discounter-Prinzips
vor, doch nicht ohne eine kompetente Fachberatung der Kunden. Seine innovativen
Ideen wurden abgelehnt.
Daraufhin verließ er seinen Arbeitgeber und machte
sich selbständig. 1973
gründete er seine erste Drogerie in Karlsruhe. Der Name für das neue Unternehmen »dm«
ist die Abkürzung für "Drogeriemarkt". 1976 expandierte Werner auf
den österreichischen Markt, sein früherer Ruderpartner Günter Bauer ist heute
Leiter von dm-Österreich. [1]
1978 existierten
bereits mehr als 100 Filialen in Deutschland. Inzwischen gibt es etwa 1.600 Filialen
in neun europäischen Ländern. Das Unternehmen beschäftigt rund 23.000
Mitarbeiter, die 2004/05 einen Umsatz von 3,3 Mrd. Euro erwirtschaftet haben.
Sein Vermögen wurde 2005 von manager magazin auf € 1,05
Mrd. geschätzt und liegt damit auf Platz 78 der reichsten Deutschen. Als Nachfolger
von Reinhold Würth wurde er 2003 zum Professor des
Instituts für Entrepreneurship [2]
an der Universität Karlsruhe (TH) ernannt. Werner
plant im Jahre 2008 seinen voraussichtlichen Rückzug aus der operativen
Geschäftsführung und den Wechsel in den Aufsichtsrat.
Nachfolger soll dann sein derzeitiger Stellvertreter Erich Harsch werden.
Werners ältester Sohn Christoph (* 1973) und Mitglied des Aufsichtsrats
bei »dm« bleibt vorerst beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline in den USA, denn
bei »dm« gebe es „keine dynastischen Verhältnisse“. Werner ist
in zweiter Ehe mit Gattin Beatrice verheiratet [3] und hat sieben Kinder.
Zunächst ging Werner einen konventionellen Weg, indem
er weitgehend das Discounter-Prinzip (Selbstbedienung, hoher Rabattsatz
wegen Großeinkauf) vom Lebensmittelhandel auf den Drogeriemarkt ausweitete.
Anlass war 1973 die Aufhebung der Preisbindung für Drogerieprodukte. Was in
dieser Zeit noch innovativ und mutig gewesen war, sollte sich mit zunehmender
Expansion immer mehr als zu bürokratisch und schwerfällig herausstellen. Anfang
der 90er Jahre änderte Werner schrittweise auch die interne
Organisationsstruktur. Die Filialen erhielten zunehmend mehr
Selbstverantwortung und Eigenkontrolle. Heute bestimmen die dm-Filialen vor Ort
selbst ihr Sortiment, ihre Dienstpläne, zum Teil die Vorgesetzten und sogar die
Gehälter [4].
Keine deutsche Großhandelsunternehmung überlässt ihren Mitarbeitern soviel
Spielraum für Entscheidungen. Die Ergebnisse sind u. a. die niedrigsten Preise
bei vielen Produkten [5]
und eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeiter [6]
und Kunden [7].
Seine außergewöhnliche Art der Unternehmensführung
lässt daher heute bundesweit aufhorchen. Er wendet darüber hinaus ein betont
unautoritäres Führungskonzept an, das er „Dialogische Führung“ nennt. Es
beruht auf den Grundwerten von Verständnis und Respekt: anstelle der Anweisung
setzt man bei dm auf den Dialog. Hervorzuheben ist auch, dass alle Auszubildende,
von Werner Lernlinge genannt, während ihrer
Ausbildung zwei Mal ein achttägiges Theaterprojekt absolvieren. Mit
Unterstützung von Profis sollen sie dadurch „Team- und
Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, die Fähigkeit, sich in andere Menschen
hineinzuversetzen, zielgerichtetes wie situationsangemessenes
und flexibles Handeln“ einüben. Auf diese Weise werden sie mit einem
Geschäftsmodell vertraut gemacht, das sich als „lernendes Unternehmen“
versteht, um wegen den permanent sich verändernden Marktbedingungen flexibel
und effizient handeln zu können. Der passionierte Ruderer Werner
veranschaulicht diese Situation mit einem „permanenten Wildwasser“.
Als geradezu revolutionär zu bezeichnen ist auch die
ausdrückliche Absicht Werners, „Offenheit für Neues“ zu fördern. Im
durchschnittlichen Betriebsalltag ist dagegen Offenheit völlig unerwünscht und
wird denn auch meist als negativ empfunden. Wie eine arbeitspsychologische
Studie ergeben hat [8],
sind die meisten Mobbing-Opfer „offen für
neue Erfahrungen“ (gewesen). Auch die Filialleiter von dm kamen am
Anfang nur sehr schwer mit dieser Umstellung zurecht.
Werner ist ein bekennender Anthroposoph
und richtet seine Unternehmensphilosophie nach den Prinzipien von
Persönlichkeitsentwicklung, Vertrauen und Kreativität
aus. Daher sieht er auch in seinen Mitarbeitern keine Personalkosten, sondern „Kreativposten“
mit „Mitarbeitereinkommen“. Prämien- und Bonussysteme betrachtet er als
permanentes „Misstrauen“ gegenüber der Leistungsbereitschaft seiner
Mitarbeiter (Stg. Ztg., 21. Mai 2003). Dennoch wird am Ende eines jeden Tertials eine sogenannte „Tertialabschlusszahlung“ (in variabler Höhe) an
diejenigen Mitarbeiter ausgezahlt, deren Filiale das geplante Ziel erreicht
oder überschritten hat. Werner sprach sich 2005 öffentlich für ein
Grundeinkommen
aus. Schließlich fördert Werner auch kulturelle und soziale Projekte wie den Hermann-Hesse-Literaturpreis und ein Tageszentrum
sowie eine Zufluchtsstätte für Straßenkinder
in Alexandria,
Ägypten.
Seit dem Jahr 2005 setzt sich Werner
öffentlich für ein bedingungsloses Grundeinkommen
in Deutschland nach einem von ihm ab 1982 entwickelten Konzept ein. Im November 2005 gründete er dazu
die Initiative »Unternimm die Zukunft«.
Für sein Lebenswerk erhält er 2003 den
"Fairness-Ehrenpreis" von der Fairness-Stiftung. Das
Ausbildungskonzept prämiert die IHK Stuttgart mit dem "Innovationspreis Ausbildung"
2004. Den "Initiativpreis Aus- und Weiterbildung" 2004 verleihen ihm
der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
(DIHT), die Otto-Wolff-Stiftung und die Zeitschrift
"Wirtschaftswoche" gemeinsam. 2004 erhält er
auch das Bundesverdienstkreuz. 2005 ehrt ihn der Bundesverband
Deutscher Unternehmensberater (BDU) mit dem "BDU ManagerAward".
Im Oktober 2005 wurde Werner im Rahmen der II. Bayreuther Dialoge mit dem erstmals vergebenen
"Bayreuther Vorbildpreis" ausgezeichnet.